Vom 4. bis 6. Januar fand in Berlin der Internationale DTB Tenniskongress statt, der alle zwei Jahre die größte Tennistrainerfortbildung in Deutschland ist. Ich war bereits zum dritten Mal in Berlin dabei und konnte wieder interessante Vorträge und Referenten erleben. Da der DTB im Vorfeld Präsentationen von Boris Becker, Judy Murray und Günter Bresnik angekündigt hatte, war die Veranstaltung mit fast 800 Trainern in diesem Jahr so gut besucht wie noch nie.
Am ersten Kongresstag ging es in erster Linie um Kindertennis. Ruben Neyens präsentierte "Tennis Blue" für 3-5jährige, wie es in Belgien umgesetzt wird. Judy Murray stellte erstmals in Deutschland ihr Miss Hits-Programm für 5-8jährige Mädchen vor, das für mich nicht neu war, da ich im vergangenen Jahr bereits ein Zertifikat als Miss Hits Coach gemacht habe.
Am zweiten Tag fand parallel zu den Vorträgen für Trainer zum zweiten Mal ein Elternseminar statt, das Eltern von leistungsorientierten Kindern die Gelegenheit bieten soll, von namhaften Referenten direkte Hinweise zum Aufbau einer Tenniskarriere zu erhalten und Fehler zu vermeiden. Judy Murray hielt hier einen sehr guten Vortrag über den Weg ihrer beiden Söhne vom Handtennis über die Couch im heimischen Wohnzimmer in Schottland bis an die Spitze der Einzel- und Doppelweltrangliste. Auch Ulrich Welebny zeigte wie zwei Jahre zuvor kurzweilig auf, welche Hürden Eltern im Trainings- und Turnierbetrieb umschiffen müssen.
Bei den Trainervorträgen stand an diesem Tag das Thema Leistungs- und Spitzentennis auf dem Programm. Bernhard Peters, ehemaliger Hockeynationaltrainer und Sportdirektor im Fußball bei Hoffenheim und dem HSV, referierte zum Thema "Kernkompetenzen von Trainern und die dazugehörigen Prinzipien der Führung. Bedeutung der Persönlichkeitsentwicklung in der Talentauswahl und -entwicklung." Anschließend gab Boris Becker im Gespräch mit Eurosport-Moderator Matthias Stach seine Eindrücke von der Tour und dem deutschen Nachwuchsbereich an die Trainer weiter.
Günter Bresnik, Coach von Dominic Thiem, bei dem ich im Sommer 2018 eine Woche in der Wiener Südstadt verbringen durfte, beantwortete in seiner Einheit Fragen der Trainer und zeigte einige Elemente seines speziellen Techniktrainings. Seine Art des Trainings durfte ich von eineinhalb Jahren direkt erleben, deshalb war es nicht neu für mich, aber dennoch wieder sehr interessant, unterscheidet sich sein Ansatz nämlich von denen der meisten anderen Coaches und den Lehrmethoden im DTB. Sein Erfolg gibt ihm aber absolut recht und so nahm er auch den ein oder anderen Eltern anschließend im Elternseminar die Illusionen. Bei ihm steht die technische Ausbildung des Spielers, die Entwicklung des Handwerkszeuges wie er sagt, klar im Vordergrund. Über Taktik und Mentaltraining müssen sich die meisten Eltern und Jugendlichen keine Gedanken machen, da sie das ausreichende technische Niveau ohnehin nie erreichen. Klare Aussagen, die aber in der Realität leider tatsächlich meistens zutreffen, den was hilft die beste taktische Ausrichtung, wenn die technisch nicht wirklich umgesetzt werden kann.
Der anschließende Vortrag von Dr. Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule Köln zum Thema "Konditionstraining im Kinder- und Jugendalter" war sehr gut. Wissenschaftlich wurde dargelegt, dass ein Konditionstraining für leistungsorientierte Kinder bereits mit sechs Jahren begonnen werden muss, um die Grundtechniken der Übungen rechtzeitig zu erlernen und späteren Überlastungen vorzubeugen. Gewarnt wurde ausdrücklich vor Fitnesstrends wie Freeletics, die mehr Schaden anrichten als dass sie nutzen. Auch von Crossfit für Tennisspieler wurde eher abgeraten, da bei Crossfit die gleichen Verletzungen am häufigsten auftauchen, die auch bei jugendlichen Tennisspielern zu beobachten sind, der präventive Nutzen also nicht gegeben ist.
Neben einem Business-Spezial für Tennistrainer, lag am Abschlusstag des Kongresses der Schwerpunkt auf dem Thema Gesundheit. Caius Schmidt, ehemaliger Physiotherapeut von Roger Federer, referierte zum Thema "Prävention und Physiotherapie" in einem tollen und eindringlichen Vortrag. Er appellierte an Trainer und Eltern, dass eine fast monatliche präventive Kontrolle beim Physiotherapeuten für leistungsorientierte Kinder und Jugendlichen zur Regel werden sollte, um frühzeitig Fehlentwicklungen erkennen und behandeln zu können.
Abschließend war es erneut ein informativer Kongress. Bei solchen Veranstaltungen gibt es immer stärkere und schwächere Vorträge, jedoch kann man meist auch aus Präsentationen, die vielleicht nicht so gut sind oder die man schon kennt, trotzdem immer etwas Wichtiges mitnehmen.
Die Videos des Kongresses werden in ein paar Wochen im DTB Online Campus zu sehen sein. Die Videos des Elternseminars können dann auch von jeder Person dort eingesehen werden, was ich den Tenniseltern nur wärmstens empfehlen kann, denn auch sie sollten sich so intensiv wie möglich mit der Materie Tennis auseinandersetzen, um ihren Kinder die bestmögliche Förderung zu ermöglichen.